Anmerkungen zur einzelnen Komponisten und Beiträgen
Ederlezi (Romanes: „Georgstag“)

ist der Titel eines Liedes der Roma. Es besingt das von vielen orthodoxen Roma auf dem Balkan und in der Türkei am 6. Mai, dem Tag des heiligen Georg nach dem julianischen Kalender, gefeierte Đurđevdan-bzw. Hıdrellez-Fest. Unter dem Titel Đurđevdan wurde das Lied 1988 von der jugoslawischen Rockband Bijelo dugme mit abweichen Text veröffentlicht. Das Lied entstand mutmaßlich im damaligen sozialistischen Jugoslawien und war besonders in den 1980er Jahren populär. Es ist strittig, ob es sich um Volksliedgut handelt oder die Urheberschaft bei einem Komponisten liegt.
Goran Bregović, ein Mitglied der Band Bjelo Dugme verwendete das Lied 1988 als Filmmusik in Emir Kusturicas Film „Zeit der Zigeuner“.
Tomaso Cecchino (1583–1644)
war ein bedeutender italienischer Komponist der Spätrenaissance und des Frühbarock. Geboren in Verona, Italien, kam er um 1603 nach Hvar (heute in Kroatien), wo er als Kapellmeister und Organist tätig war.
Maria Theodora Paulina (Dora) Pejačević (1885 in Budapest, Österreich-Ungarn; 1923 in München)
war eine in Slawonien aufgewachsene und dort sowie in Dresden und München lebende Komponistin.
Dora Pejačević wuchs in Našice (Slawonien) auf. Ihr Vater war ein kroatischer Graf, ihre Mutter eine ungarische Baronin und ausgebildete Pianistin und Sängerin. Ersten Musikunterricht erhielt Dora Pejačević in Budapest. Im Kroatischen Musikverein in Zagreb setzte sie ihre Ausbildung fort, später dann in Dresden sowie in München. Im Wesentlichen war sie jedoch Autodidaktin; sie suchte sich ihre Anregungen im Gedankenaustausch mit anderen Künstlern. Zu ihrem Bekanntenkreis gehörten Annette Kolb, Karl Kraus (dessen Zeitschrift Die Fackel sie abonnierte), Rainer Maria Rilke und dessen Frau Clara Westhoff sowie die Pianistin Alice Ripper.
Ihr Wohnort in Kroatien war Schloss Pejačević in Našice. Dort verbrachte sie ihre Kindheit, bis die ganze Familie 1903 nach Zagreb umzog. 1907 kehrte sie nach Našice zurück, aber zwei Jahre später begann sie ihr Studium in Dresden. 1911 übersiedelte sie für kurze Zeit nach München. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 half sie in Našice die ganze Kriegszeit über als Pflegerin bei der Versorgung und Betreuung von Verwundeten. Gleichzeitig komponierte sie intensiv. In dieser Zeit entstanden einige ihrer bekanntesten Werke.
Zeitweise lebte sie auch in Budapest, Prag, Wien und schließlich seit ihrer Heirat 1921 in München. Dort starb sie – ihren Tod in Briefen voraussehend – fünf Wochen nach der Geburt ihres Sohnes Theodor an einer Blutvergiftung (Sepsis), die die Folge eines Kindbettfiebers war.
Ihre Werke, von denen sie nur wenige publizierte, erlebten Aufführungen sowohl in ihrer Heimat als auch im europäischen Ausland:
„Vielfach begabt, zeitweise auch selbst literarisch aktiv, lebte Dora Pejačević hauptsächlich in der Musik und für die Musik“ (Koraljka Kos). Von Natur aus hochsensibel, komponierte sie „einem Seismographen ähnlich, der auf feinste Anregungen reagiert“ (Koraljka Kos) in einer – wie sie selbst sagte – „Trance der musikalischen Besessenheit“. Sie war die erste Frau in Kroatien, die Orchesterwerke schrieb. Aufgrund ihrer spätromantischen, harmonisch und instrumentatorisch raffinierten Klangsprache gilt sie als Vertreterin des Fin de siècle; gelegentlich wurde ihr Stil mit dem von Rachmaninow verglichen.
Die Sepharden
kamen auf den Balkan als Folge der Vertreibung aus Spanien im Jahr 1492. Nach der Reconquista, der Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die christlichen Königreiche, erließen Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien das Alhambra-Edikt. Dieses Dekret zwang die jüdische Bevölkerung, Spanien entweder zu verlassen oder zum Christentum zu konvertieren.
Viele Sepharden entschieden sich, ins Exil zu gehen und suchten Zuflucht in verschiedenen Teilen des Osmanischen Reiches, zu dem der Balkan damals gehörte. Die Osmanen empfingen die Sepharden freundlich, da sie ihre handwerklichen Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Handelsnetzwerke schätzten. So ließen sich viele sephardische Juden in Städten wie Sarajevo, Thessaloniki, Belgrad und Istanbul nieder, wo sie ihre Traditionen und ihre Sprache, Ladino, bewahrten und sich in die lokale Kultur integrierten. Ihre Ankunft bereicherte das kulturelle und wirtschaftliche Leben der Balkanregion erheblich.
Sevdalinka
ist eine musikalische Gattung und bezeichnet eine Form der traditionellen Volksmusik besonders der Menschen in Bosnien und Herzegowina. Diese entstand aus ursprünglich städtischer Liebeslyrik. Sevdah steht auf türkisch für Liebe und auf arabisch (sauda) für schwarze Galle. Ähnlich der portugiesischen Saudade vermitteln diese Folklore-Lieder zumeist eine melancholische und schwermütige Stimmung, erzählen von unerfüllten oder nicht erwiderten Liebesgefühlen, tiefer Leidenschaft für eine Person, eine Stadt oder eine Region, die unerreichbar erscheint. Die musikalische Komponente ist geprägt von slawischen Traditionen, mit Einflüssen aus der osmanischen, aber auch der sephardischen Musik.
Seit 2019 gibt es eine Initiative, die Form der Sevdalinka in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufzunehmen. Wer mehr über die Sevdalinka erfahren möchte, der findet hier weitere Informationen: https://sevdalinka.info/de/
Marko Tajčević (1900 – 1984)
war ein jugoslawischer Komponist. Sein musikalischer Ausdruck war stark mit der südslawischen Folklore verbunden, in einem freieren, modernen Stil, er verband spätromantische Harmonik mit der Schärfe folkloristischer Klänge.
Für seine „lieder von der Mur-Insel“ verwendete er Melodien aus dem Gebiet zwischen Drau und Mur im Norden Kroatiens, welches auf Kroatisch Međimurje genannt wird. Hier hat sich eine spezielle Art des Volksliedes erhalten, das Međimurska popevka. Dies war historisch vorwiegend ein von Frauen praktizierter Solistengesang. Heutzutage wird er von Einzelpersonen und Gruppen, Männern und Frauen, in gesanglichen, vokal-instrumentalen, instrumentalen, monophonen und mehrteiligen Interpretationen aufgeführt. Die Texte sind von großer Bedeutung, es gibt traurig-melancholische, humorvolle und religiöse Popevkas. Die Kulturform wird in einem breiten Spektrum sozialer Kontexte praktiziert. Frauen dienen oft als Mentoren bei der Weitergabe der Praxis an jüngere Generationen. Međimurska popevka wurde 2018 in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
Üsküdara gider iken
ist die türkische Variante eines Volkslieder, welches auf dem ganzen Balkan in unterschiedlichen Varianten bekannt und beliebt ist. In der Türkei geht es in diesem Lied um einen Schreiber. Auch ein Militärmarsch mit dieser Melodie ist bekannt. Die griechische Variante erzählt vom Verlust einer Geldbörse und dem Mädchen, welche diese gefunden hat. In Sarajevo besingt das Lied die Schönheit eines Mädchens. Auch in Madzedonien und Serbien gibt es eigene Varianten des Liedes. In Bulgarien ist es eine Hymne auf Helden längst vergangener Zeiten.